Heute morgen war es endlich so weit, die Formel 1 ließ in Australien erstmals wieder ihre Motoren aufheulen. Am Sonntag wird das erste Rennen ausgetragen, nie war die F1 hybrider. Doch was bedeuten ERS oder MGU-H überhaupt?
Zugegeben: Die neuen Turbomotoren erlebten ihre Feuertaufe schon die letzten Wochen bei den Testfahrten in Spanien und Bahrain, doch in Melbourne wird es nun Ernst. Denn das neue Reglement heißt mehr Hybrid, mehr Technik und daher mehr Komplikationen. Mittlerweile redet die Königsklasse auch nicht nur mehr vom Motor, sondern vom Antriebsstrang und eben der scheint recht verzwickt – allein schon wegen seiner Begriffe. Green-Motors.de erklärt daher zum Saisonstart noch mal die Technik.
Formel 1 Antriebsstrang 2014: Sechs Komponenten
Statt vom Motor spricht die Formel 1 ab 2014 vom Antriebsstrang, der aus sechs Teilen besteht: V6-Verbrenner, Turbolader, Steuerelektronik, MGU-K, MGU-H und Energiespeicher (Batterien). Jedes dieser Komponenten darf pro Saison und Auto sechs Mal ausgetauscht werden, weitere Wechsel ziehen Strafen wie etwa eine Rückversetzung in der Startaufstellung nach sich.
Hauptbestandteil des Antriebsstrangs bleibt natürlich der Verbrenner, dessen Hybrid 2014 allerdings deutlich mehr Power liefert und neuerdings nicht nur Bremsenergie, sondern ebenso Motoren- beziehungsweise dessen Abgashitze zur Energierückgewinnung nutzt.
Formel 1 Antriebsstrang 2014: V6-Verbrenner
Statt V8-Sauger kommen 2014 bekanntlich V6-Turbos mit 1,6 Litern und 500 bar maximalen Einspritzdruck zum Einsatz. Statt 18.000 dreht der Turbo nur noch 15.000 Touren, wegen der geringeren Zylinderanzahl und Kurbelwellen-Drehzahl tritt dafür weniger Reibung auf, was die Effizienz erhöht.
Konkrete Zahlen zur Leistung der neuen Turbos werden typisch Formel 1 zwar verschwiegen, Niki Lauda zufolge stemmt der neue Mercedes-Benz PU106A Hybrid allerdings rund 580 PS, was wohlgemerkt allein für den Verbrenner gilt. Dazu kommen weitere 160 PS aus dem Elektroantrieb. Die Konkurrenz von Ferrari und Renault soll zurückliegen, was für die Franzosen jedoch deutlich mehr gilt als für die Italiener.
Formel 1 Antriebsstrang 2014: Turbolader
Unterstützt wird der V6-Verbrenner von einem Turbolader, der ebenfalls als ein Teil des Ganzen gilt. Tatsächlich ist der Turbo bereits ein Teil der Energierückgewinnung, macht sich der Turbolader doch den Abgasstom des Verbrenners zunutze. Jener Abgsatstrom treibt eine einstufige Turbine an, welche über eine Welle einen Kompressor bedient und so die Ansaugluft für den Verbrenner verdichtet.
Dadurch wird die Ansaugluft mit mehr Druck versehen, was das Minus an Hub und Zylinder – im Vergleich zum alten V8-Sauger – ausgleicht. Fazit: Trotz zwei Zylinder und 0,8 Liter weniger Hub zeigt auch der Sechszylinder dank Turbo eine hohe Leistung, aber vor allem mehr Effizienz.
Formel 1 Antriebsstrang 2014: ERS
Wie schon die letzten Jahre setzt die Formel auf moderne Hybridtechnik und die Rückgewinnung von Energie, was deutlich aufgewertet wurde. Statt dem bisherigen KERS kommt ERS (Energy Recovery System) zum Einsatz, dass nun zwei Systeme zur Rückgewinnung von Energie – und somit auch zwei E-Motoren zur Abgabe jener Energie – kombiniert. Die F1-Experten reden hierbei von den MGUs, was für Motor-Generator-Unit (Motoren-Generator-Einheit) steht.
2014 jedenfalls gibt es gleich zwei dieser MGUs, welche wie der Verbrenner auf die Hinterachse wirken und wie schon erwähnt insgesamt 160 Pferde mobilisieren.
Formel 1 Antriebsstrang 2014: MGU-K
Wie schon beim alten ERS gibt es zum einen das MGU-K (Motor Generator Unit-Kinetic), wobei K für kinietische Energie und somit die Rückgewinnung von Bremsenergie steht. Statt 80 PS (60 kW) wie beim alten KERS liefert die MGU-K nun 161 PS (120 kW) und kann pro Runde 2 MJ abgreifen beziehungsweise sogar 4 MJ abgeben. Damit stehen die zusätzlichen PS ab 2014 ganze 33 Sekunden pro Runde zur Option, während das alte KERS nur knappe sieben Sekunden zusätzlicher Energie ermöglichte.
Gewonnen wird die Energie übrigens allein über die Bremsen auf der Hinterachse, kinetische wird in elektrische Energie gewandelt. Diese Energie fließt in die Akkus und wird bei der Beschleunigung wieder freigesetzt.
Formel 1 Antriebsstrang 2014: MGU-H
Die MGU-H oder Motor Generator Unit-Heat nutzt wiederum die Abgaswärme des Motors und ist direkt mit dem Turbolader verbunden. Dabei bedient sich die MGU-H der ungenutzten Abgas-Energie, welche nicht vom Kompressor (Turbo) verbraucht wird. Über eine Turbine wird die Hitze in elektrische Energie gewandelt und ebenfalls in die Akkus beziehungsweise den Energiespeicher eingespeist.
Im Gegensatz zum MGU-K mit maximal 2 MJ unterliegt das MGU-H keiner Beschränkung. Außerdem kann die MGU-H direkt auf den Turbo wirken, um das berüchtigte Turboloch auszugleichen, was wieder eine bessere Effizienz versprechen soll.
Formel 1 Antriebsstrang 2014: Energiespeicher
Letztes Bauteil der sechs Komponenten ist der Energiespeicher, welche die über die MGUs gewonnene Energie speichert und bei Bedarf über die zwei entsprechenden Elektromotoren abgibt. Diese Akkus müssen übrigens mindestens 20 Kilogramm wiegen, dürfen aber auch nicht 25 Kilogramm überschreiten.
Zuletzt sind vielleicht noch einige Einheiten interessant. Die Energie wird in Joule (J) wiedergegeben, ein Kilojoule (kJ) sind 1.000 Joule, ein Megajoule (MJ) eine Million Joule. Ein MJ entspricht der ungefähren kinetischen Energie, um ein Fahrzeug mit einer Tonne Gewicht mit 160 km/h fort zu bewegen.
Bilder: Mercedes, Renault